|  | Der 2. Weltkrieg
  Er kam zwar nicht unerwartet, doch herrschte tiefe
      Betroffenheit auch in Hahausen, als am 1. September 1939 der Krieg
      ausbrach. Zu tief haftete noch die Erinnerung an den 1. Weltkrieg und die
      vielen Blutopfer, die er
      gefordert hatte. Bereits im August waren Reservisten aus Hahausen zu ihren
      Truppenteilen eingezogen worden. In vielen Familien begann das große
      Bangen. Allerdings glaubte man, dass es nach Beendigung des Polenfeldzuges
      zu einem Friedensschluss mit Frankreich und England kommen würde.
 
  Im Herbst 1939 wurden deutschstämmige Flüchtlinge aus Polen und
      Evakuierte aus dem Aachener Raum in Hahausen einquartiert, während nach
      dem Sieg in Polen das Dorf ein einziges Flaggenmeer war. Die Feier des
      Sieges über Frankreich fiel jedoch nicht mehr ganz so enthusiastisch aus,
      da auch ein junger Hahäuser, Otto Beltau, sein .Leben gelassen hatte.
 
  Zu Beginn des Krieges waren sofort Lebensmittel- und Spinnstoffkarten
      ausgegeben worden. Diese Maßnahme wurde allgemein begrüßt, denn sie
      erschwerte das Harnstern und Horten und ließ erwarten, dass die Zuteilung
      gleichmäßig und gerecht organisiert wurde. Es wurde zu Spenden
      aufgerufen, so in den ersten Monaten des Jahres 1940 zur Metallspende.
 
  Viele Hahäuser waren als Soldaten an den Fronten in allen Teilen Europas
      und in Afrika eingesetzt. Der Sohn eines gebürtigen Hahäusers,
      Kapitänleutnant Günther Prien, wurde zum erfolgreichsten
      U-Boot-Kommandanten des 2. Weltkrieges.
 
  Erstmals wurde im Winter 1941/42 dem deutschen Volke bewusst, welche
      Entbehrungen und Opfer den Soldaten an der Front auferlegt wurden. Zur
      Ergänzung ihrer für die grimmige Kälte unzureichenden Ausrüstung wurde
      für die vom russischen Winter überraschten deutschen Armeen zu
      Hilfsmaßnahmen aufgerufen, an denen auch die Hahäuser Anteil hatten.
      Insbesondere warme Bekleidungsstücke und Decken wurden für die Soldaten
      an der Ostfront gesammelt. Ab 1943 kamen - zunächst in der Nacht - in
      immer dichterer Folge die Bombengeschwader der alliierten
      Luftstreitkräfte in das Reich. Über Hahausen dröhnten die Motoren der
      neuen viermotorigen Luftriesen der Briten und Amerikaner. Evakuierte aus
      den bedrohten Städten, so besonders aus Braunschweig, kamen nach
      Hahausen. Der Himmel färbte sich in den Nächten rot. Die Städte
      Salzgitter, Braunschweig und Hannover brannten. Von Hahausen aus konnte
      man die Angriffe auf die großen Städte, auch auf Clausthal-Zellerfeld,
      beobachten. Feindliche Tiefflieger beherrschten die Landstraßen. Auch der
      Bahnverkehr war ständigen Luftangriffen ausgesetzt. So erfolgte am 2. 11.
      1944 ein englischer Tieffliegerangriff auf einen Eisenbahnzug zwischen
      Hahausen und Nauen, wobei der Nauener Einwohner Sander so schwere
      Verletzungen davontrug, dass er am 5.11.1944 an den Folgen derselben
      verstarb.
 
  Das politische Leben in der Gemeinde - wenn man darunter die Tätigkeit
      des Gemeinderates verstehen will - kam während des Krieges fast völlig
      zum Erliegen. In den Jahren 1940, 1941 und 1942 fand jeweils nur eine
      Gemeinderatssitzung statt. Es wurden dabei fast nur noch Beratungen über
      die Haushaltssatzung und
 
  Chronik, Seite 103
 
  den Jahreshaushalt abgehalten, während „die Schul- und
      Gemeinderechnungen für das (jeweilige) Haushaltsjahr laut Deutscher
      Gerneindeordnung dem Gemeinderat zur Einsicht vorgelegt wurden." 1943
      fanden noch 2 Sitzungen statt, die letzte am 3. September 1943. Bis zum
      Ende des Krieges erfolgten keine Zusammenkünfte des Gemeinderates mehr.
 
  Am 22. März 1945 fand ein besonders schwerer Luftangriff statt, als
      alliierte Verbände in Stärke von etwa 350 Flugzeugen mittags um 13.30
      Uhr die Stadt Hildesheim bombardierten. Aschenschwaden und Rauchwolken
      wurden bis nach Hahausen getrieben, angesengte Buchseiten flatterten vorn
      Himmel. Auch konnte man Luftkämpfe und das Schießen der Flak beobachten.
      Im Frühjahr 1945 wurde auch in Hahausen der Volkssturm aufgestellt. Er
      konnte jedoch nur zum Teil mit Waffen ausgerüstet werden. Als die
      amerikanischen Truppen immer näher kamen, wurden an den Straßen
      außerhalb des Dorfes Verhaue und Sperren errichtet. Doch dann kam der
      Befehl, dass die nur mangelhaft bewaffneten Volkssturmeinheiten nicht
      eingesetzt werden sollten. Nur eine kleine Volkssturmeinheit aus Seesen,
      Bornhausen und Hahausen sollte sich in die Harzberge zurückziehen und
      dort den weiteren Verlauf der Kämpfe abwarten.
 
  Auf den Landstraßen herrschte das Chaos. Zurückgehende deutsche Truppen
      und alle möglichen sonstigen Formationen, Kriegsgefangene, Kz.- Insassen,
      aber auch verbündete ausländische Einheiten, kamen vorbei. So lag eine
      Zeitlang eine slowakische Truppe in unserem Dorf. Auch Flüchtlinge aus
      dem Osten gelangten nach Hahausen und berichteten ihre schrecklichen
      Erlebnisse. Der Weltuntergang schien nahe.
 
  In Neuekrug lebte eine Familie namens Meyer. Eines Tages fand man die
      ganze Familie, Vater, Mutter und Kinder, tot auf. Sie hatte sich selbst
      das Leben genommen.
 
  In den Tagen vor dem Zusammenbruch wurde das große Versorgungslager für
      die Wehrmacht, das sich in Rhüden befand, für die deutsche Bevölkerung
      freigegeben. Auch viele Hahäuser versorgten sich dort mit Lebensrnittel,
      besonders mit Coca Cola und
      Bekleidung, doch war auch dies Intermezzo bald vorbei. In den Nächten der
      ersten Aprilwoche war das Rattern der feindlichen Panzer zu hören, und am
      9. April kündete das Heulen der Sirenen an, dass die Alliierten die Stadt
      Seesen eingenommen hatten.
 
  Am nächsten Tag, dem 10. April 1945, kamen die amerikanischen
      Kampftruppen auch nach Hahausen. Panzer und Lkws standen auf den Straßen
      und Häuser wurden durchsucht. Aus den Fenstern hingen weiße Tücher. Die
      Gastwirtschaften Preuß und Schlue sowie einige weitere Häuser mussten
      geräumt werden und dienten als Quartiere für die amerikanischen Truppen.
      Sämtliche Waffen, selbst unbrauchbare, wie Degen und Säbel aus dem 1.
      Weltkrieg  mussten abgeliefert werden. Auf Waffenbesitz stand die
      Todesstrafe. Der Bürgermeister William Busse wurde verhaftet. Ihm folgten
      später noch weitere 8 Hahäuser, darunter eine Frau und ein Mädchen. Sie
      verbrachten z. T. mehr als 2 Jahre in Internierungslagern. Der aus Sachsen
      stammende Arbeiter Otto Lau wurde von den Amerikanern
 
  Chronik, Seite 104
 
  als Bürgermeister eingesetzt, zwei weitere Einwohner als
      Hilfspolizisten. Sie wurden mit weißen Armbinden versehen, welche die
      zweisprachige Aufschrift „MIL POLICE - MIL POLIZEI" trugen.
      Angehörige der NSDAP, soweit sie nicht verhaftet waren, wurden zum
      Straßenfegen kommandiert. Die so genannte „Hitler-Eiche" wurde
      gefällt.
 
  Ein besonderes Problem stellten die in Hahausen befindlichen polnischen
      Arbeiter und russischen Kriegsgefangenen dar. Sie sorgten für Unruhe und
      verlangten Lebensmittel von den Einwohnern. Es wurde auch Vieh aus den
      Ställen geholt und geschlachtet und Einwohner wurden bedroht. Es kam zu
      Konfrontationen mit tragischem Ausgang.
 
  Am 15. April 1945, also fünf Tage nach dem Einmarsch der Amerikaner,
      wurde der Hilfspolizist Bode im Garten des Rubeschen Hofes in Neuekrug
      ermordet aufgefunden.
 
  In Hahausen bildete sich ein so genannter "Zwölferausschuss",
      der den Mitgliedern der NSDAP die Zahlung von „Sühnegeldern"
      auferlegte. Diese Zahlungen wurden jedoch nicht von allen damit Belasteten
      vorgenommen. Doch immerhin wurden 27.400.— RM gezahlt.
 
  Nachdem auch die geplante „Harzfestung" den alliierten Truppen
      nicht mehr standhalten konnte, war in unserem Raum der Krieg zu Ende. Doch
      hielten sich noch versprengte deutsche Einheiten bis Anfang Mai in den
      Harzbergen zwischen Seesen, Lautenthal und Neuekrug.
 
  Mit der am 8. Mai 1945 unterzeichneten Kapitulation der deutschen
      Wehrmacht ging der Krieg zu Ende. Viele Hahäuser waren gefallen oder
      vermisst, andere trugen schwere Verwundungen davon, viele mussten noch
      Jahre in Gefangenschaft verbringen.
 
  Chronik, Seite 105
  
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